Floh an Bord 1.6.1996 bis 5.6.1996

4.6.1996 Martinscica - Susak

Martinscica am Morgen ist wie immer ein Erlebniss. Nach und nach sperrt ein Geschäft nach dem anderen (es gibt nur drei) auf, vor dem Store warten die Leute auf das Auto aus Cres welches das frische Brot bringt, die Fischer haben mehr mit dem reparieren ihrer Netze als mit dem nächtlichen Fang zu tun und vor dem Kaffeehaus werden die Tische gesäubert. Daher bleibt unsere Thermoskanne kalt und wir frühstücken im Kaffee mit Meerblick. Der Kaffee dürfte gut sein da Floh uns nicht kosten lässt, lediglich die Mehlspeisen wurden uns angeboten, welche wir aus Verantwortungsbewusstsein und in Hinsicht auf Flohs doch nicht sehr üppiges Abendessen ablehnten.

Vieleicht war die am Beginn des Törns an Neptun verabreichte Portion Bacardi zu üppig, ich weiß es nicht, aber fest steht daß er seither schläft. Wir legen in Martinscica bei absoluter Windstille und spiegelblankem Meer ab. Ich könnte mich im Meer rasieren wenn ich nicht Vollbartträger wäre. Natürlich muß wieder der Wind aus der Backskiste herhalten. Eigentlich wollte ich in Unije mittagessen, aber als wir zur kleinen Mole kommen liegen zwei Fischerboote und ein Segler längsseits und das auch noch über den Molenkopf hinaus sodaß nur freies Ankern und Dhingi in Frage gekommen wäre. Wir beschliessen gleich nach Susak weiter zu fahren um noch Zeit für eine ausgiebige Besichtigung dieser wohl einmaligen Insel in dieser Region zu haben.

Übungsweise mache ich wieder einmal terrestrische Navigation und bestimme den Anlieger nach Susak Hafen. Mitten zwischen Male Srakane und Susak ist die Sicht praktisch Null. Ich fahre den berechneten Kurs und eine Seemeile vor Susak taucht die Insel plötzlich im Nebel auf.

Der Hafen von Susak wurde im vorigen Jahr umgebaut und auch im Hafenhandbuch hatte ich noch keine neuen Eintragungen sodaß ich nicht genau über die neuen Umstände Bescheid wußte. Beim vorsichtigen Einfahren stellte sich heraus, daß die Innenseite der Aussenmole betoniert wurde und damit ein Längsseitsgehen erlaubte. Ringe und Poller luden zum Anlegen ein. Wir legten in der Hafeneinfahrt an, die jetzt so breit ist daß auch auf der gegenüberliegenden Seite noch ein Boot unbehelligt stehen kann.

Um alle seemännischen Regeln einzuhalten, lud ich die Crew zum Anlegerschluck in die Strandbar ein. Im schattigen Gastgarten begannen wir mit Karlovacka Bier. Floh hatte nach diesem sehr ruhigen Tag wieder Ihre volle Power zurückerlangt und entdeckte im Lokal eine Vorarlberger Reisegruppe. Sie entwickelte sich zur Reiseleiterin, hüpfte von Tisch zu Tisch und begann Grappa zu bestellen. Die Gruppe musste allerdings bald die Insel in Richtung Mali Losinj verlassen. Nach dem wir uns im Schiff landfein gemacht hatten, Floh konnte wieder ihre geliebten Stiefeln anziehen, machten wir uns auf den Weg in den Ort.

Wer noch nie in Susak war kann sich die etwas eigentümliche Stimmung dieses Ortes nicht vorstellen und es ist auch sehr schwer sie zu beschreiben. Zwischen verlassenen und halb verfallenen Häusern und solchen die wunderschön renoviert wurden herrscht eine Mischung zwischen Tod und neuem Leben und das alles in absoluter Stille da es auf Susak kein einziges Auto gibt. Schon die Strasse vom Hafen Richtung Ort erinnert mich immer an den Film "High noon" wo sich die beiden Westernhelden ganz allein auf der sandigen Strasse duellierten.

Wir gehen den schmalen Weg der am Ende in einer Stiege mündet zwischen hohem Gebüsch das wie eine Mischung aus Schilf und Bambus aussieht zur Kirche hinauf. Einige alte Frauen mit schwarzen Kopftüchern und Kleidern sind offensichtlich am Weg in die Abendmesse. Floh verzichtet wegen ihrer doch etwas leichten Bekleidung, außer ihren Stiefeln hat sie noch ihren Bikinioberteil, eine schwarze enge Short und eine Jeansjacke die sie um die Hüften gebunden hat an, auf einen Besuch der Kirche. Sie grüßt jedoch jeden Vorbeikommenden auf kroatisch. Hinter der Kirche führt ein Weg weiter hinauf zum Friedhof von dem man einen Blick über die ganze Adria hat. Floh möchte noch einige Wege zwischen den ehemaligen Weingärten begehen, aber nach einigen Versuchen kehren wir um nicht ohne vorerst noch einige Fotos gemacht zu haben. Beim Abstieg durch das Dorf wird uns von Einheimischen die vor ihrem Haus sitzen Wein und Grappa zum Kauf angeboten, eine alte Frau bittet uns in ihr Haus, wo sie uns von der scheinbar einzigen Flasche kosten lässt. Bis heute weiß ich nicht was das war und wir lehnten dankend ab. Etwas später entschieden wir uns für einen Grappa mit irgendeinem grünen Kraut im inneren derFlasche.

Susak hat nur zwei Speiselokale die eines gemeinsam haben: Die Besitzer tun rein so als würde jede Bestellung von einem Schwimmer aus dem cirka 7 Seemeilen entfernten Mali Losinj herübergebracht werden. Nur so erklärt sich Preis und Wartezeit. Was beide trennt ist allerdings ganz einfach: Das Gasthaus am Hafen sollte man nur mit einem absolut wiederstandsfähigem Verdauungsapparat betreten. So bleibt uns nur KONOBA übrig.

Gelernt durch frühere Besuche versuche ich dem Wirt die Speisekarte herauszulocken. Vergeblich. Vielmehr möchte er uns eine Platte mit Fisch, Fleisch und ähnlichem aufschwatzen.
Ich kenne das schon und beharre auf der Speisekarte. Die Getränke bekommen wir noch und irgendwann bringt er auch eine Speisekarte mit der Erklärung daß Alles was darauf steht nicht zu haben ist weil das Schiff nicht gekommen ist. Ab diesem Zeitpunkt werden wir mit Ausnahme des Zahlens nicht einmal mehr ignoriert. Floh hat es natürlich hier besser. Da an unseren Nachbartischen zwei Bootsbesatzungen sitzen und die aufgeschwatzten Platten verdrücken, wird sie natürlich zu diesem und jenem Happen eingeladen. Da sie in ihrer Art ja für Unterhaltung sorgt finde ich diese Abgeltung auch als legitim. Als jedoch die Zahlmeister der beiden Schiffe die Rechnung bekommen ist es mit der Fröhlichkeit vorbei. Unser Wirt hat wieder einmal Datum, Monat und diesmal auch Jahreszahl dazuaddiert.

Bei der Rückkehr zum Schiff erklärte uns Floh daß sie noch einen Treff im Strandkaffee hat. Ich schärfe ihr ein daß ich am nächsten Morgen zeitlich ablegen möchte da wir bis am Abend in Rovinj sein müssen. Charly und ich setzen uns noch ins Cockpit und verkosten den soeben erworbenen Grappa um dann relativ bald in den Kojen zu verschwinden.


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Letzte Änderung: 9.3.2014
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